Kräuterheilkunde für den Kinderwunsch: Was steckt dahinter?

Ein häufiges Szenario: Jahrelang wird es mit der Verhütung ganz genau genommen. Beide zerbrechen sich den Kopf, wenn einmal die Pille vergessen wird und dann, wenn der Kinderwunsch schließlich spruchreif ist, will es einfach nicht klappen. Eine ernüchternde Erkenntnis, die viele Paare erleben. In solchen Situationen wird oft auf die Wirkung von Kräutern zurückgegriffen. Immerhin sind Auswahl und die damit verbundenen Versprechen groß. Auf unzähligen Webseiten, in Foren, Magazinen und diversen Büchern werden Tipps und vermeintliche Expertenmeinungen veröffentlicht. Doch was ist dran an der Kräuterheilkunde für den Kinderwunsch? Können Pflanzen wirklich helfen oder ist es Wunschdenken? Was sind die „richtigen“ Kräuter und was ist zu beachten? 


Die Kraft der Kräuter: Fakt oder Fake? 

Die Geschichte der Heilkräuter ist so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst. Seit Jahrtausenden vertraut die Bevölkerung bei vielen verschiedenen Beschwerden auf die Kräfte der Pflanzen – und das auf allen Kontinenten. Bis Anfang des letzten Jahrhunderts waren Kräuter vielerorts wohl auch die einzige Medizin, die zur Verfügung stand. So wurde das Wissen, welches Kraut wofür hilft und wogegen wirkt, von Generation zu Generation weitergegeben.  

Speziell dann, wenn der Storch Betriebspause macht, können einige Kräuter positive Auswirkungen haben und etwa die weibliche Hormonregulation verbessern oder die Spermaqualität des Mannes steigern. Aber Vorsicht: Sie können dementsprechend wirken, müssen aber nicht. Denn ihr Effekt ist immer von vielen verschiedenen Umständen und auch der Dosis abhängig.  


Warum die Zauberformel in den Mengenangaben steckt 

Um den Umgang mit den Heilkräutern auf den Punkt zu bringen, lohnt sich ein Blick in die Geschichte, konkret in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts. Damals war Theophrastus Bombast von Hohenheim – besser bekannt als Paracelsus – einer der berühmtesten europäischen Ärzte überhaupt und erkannte: „Die Dosis macht das Gift“. Er hat gemeint, dass manche Stoffe in niedrigen Mengen gesund sind, aber dem Körper in einer hohen Dosis schaden.  

Doch was ist das gesunde Mittelmaß für die Familienplanung? Bei dieser Frage sind Arzt oder Kinderwunschklinik des Vertrauens die besten Ansprechpartner. Die Experten können nicht nur die jeweilige Krankengeschichte analysieren, sie wissen auch welche Wechselwirkungen zwischen bestimmten Kräutern und Medikamenten zu berücksichtigen sind. Außerdem wissen sie, welche Pflanzen die Fruchtbarkeit, also die Eizellenreifung und den Eisprung unterstützen und welche wiederum in der Schwangerschaft hilfreich sind. Bevor allerdings auf die Kraft der Natur vertraut werden sollte, ist medizinisch abzuklären, ob physische Ursachen für die ausbleibende Schwangerschaft verantwortlich sind. 


Die wichtigsten Kräuter beim Kinderwunsch und auf was verzichtet werden sollte 

Wer nun eine Aufzählung der Do’s and Don'ts aller schwangerschaftsfördernder Pflanzen erwartet, wird an dieser Stelle enttäuscht. Es gibt keine expliziten Tipps und keine ausführliche Kräuter-Auflistung – wie sie im World Wide Web so häufig zu finden ist. Warum? Weil jeder Mensch ein Individuum ist, auch die zukünftigen Eltern. Deshalb gibt es kein allgemeingültiges Rezept, das einfach downgeloadet werden kann.  

Wenn es um Gesundheit, Fruchtbarkeit und die Familienerweiterung geht, ist die ärztliche Beratung das Um und Auf. Vor allem weil die Verantwortung nicht mehr nur für den eigenen Körper getragen wird, sobald sich eine Schwangerschaft einstellt.  

Ärzte haben eine jahrelange Ausbildung hinter sich. Im Gegensatz zu den vielen Ansichten im Internet haben sie ein fundiertes Wissen darüber, wie die weibliche Fruchtbarkeit aber auch die männliche Potenz mit Kräutern und Lebensmitteln erhöht werden kann. Ein Beispiel gefällig? Medizinische Spezialisten würden Frauen, die naturgemäß eine innerliche Hitze besitzen, von Ginseng abraten. Dieser hätte nämlich eine zusätzlich wärmende Wirkung. Andererseits wissen Experten, dass für Frauen, die immer leicht frösteln, weder kühlende Gurken noch Tomaten empfehlenswert sind.  


Gutes Marketing oder mehr? Was ist dran an Frauen- und Zyklustees?  

Bald-Mami-Tees, Mutterzauber Schwangerschaft Bio-Kräutertee, Babytraum-Tee, Frauenglück-Tee, Klapperstorchtee oder Zyklustees, die den schwankenden Menstruationszyklus regulieren sollen, – das Angebot an verheißungsvollen Kräutermischungen ist riesig. Mit Vorsicht und in Maßen können die Tees ihre Versprechen auch halten, allerdings nur nach ärztlicher Rücksprache.  

Tatsache ist, dass jedes Kraut eine Wirkung hat. Daher kann auch jede Wirkung ins Gegenteil verkehrt werden. Zur falschen Zeit, in der Kombination mit den falschen Medikamenten und in der falschen Menge können ungeahnte und vor allem ungewollte Nebenwirkungen auftreten. Wie die Komponenten der Tee-Mischungen wirken, kann von den Genen, von der medizinischen Vorgeschichte oder sogar von der Verdauung abhängen. Immerhin ist der Mensch kein berechenbarer Computer, der immer gleich funktioniert.  


„Ja“ zur wunderbaren Pflanzenwelt, „Nein“ zu allgemeingültigen Tipps 

Fazit: Die Kraft der Natur entfaltet ihre gesamte Wirkung gerade beim lang ersehnten Kinderwunsch nur mit Hilfe der medizinischen Experten. Pflanzen können positive Auswirkungen auf den Körper haben und dem Klapperstorch behilflich sein. Allerdings sollte nicht alles geglaubt werden, was im Internet an vermeintlich seriösen Fakten zu finden ist – das gilt im Übrigen auch allgemein ganz unabhängig vom Kinderwunsch. Kritisches Hinterfragen und die Absprache mit dem eigenen Arzt sind die besten Ratschläge, um die facettenreiche Welt der Kräuter bestmöglich und im gewünschten Sinne zu nutzen.