Schadstoffe und ihre Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit

In der heutigen Welt sind wir täglich einer Vielzahl von Chemikalien und Giftstoffen ausgesetzt, von denen einige nachweislich unsere reproduktive Gesundheit beeinträchtigen können. Besonders dadurch, dass die Europäische Chemikalienagentur (EFSA) im April 2023 ihre Einschätzung zu Bisphenol A geändert hat, und die als unbedenkliche geltende Tagesdosis der Chemikalie, die über die gesamte Lebensspanne ohne Risiko aufgenommen werden könnte, um den 20.000-fachen Wert gesenkt hat wurden die Menschen hellhöriger und das Medieninteresse angekurbelt. In diesem Artikel werden wir uns mit diesen schädlichen Substanzen befassen und Möglichkeiten aufzeigen, wie man ihre Exposition minimieren kann, um die eigene Gesundheit und Fruchtbarkeit zu schützen.



Seit geraumer Zeit schon wird vermutet und ist teilweise auch schon wissenschaftlich belegt, dass Schadstoffe nicht nur die allgemeine Gesundheit, sondern auch die Reproduktionsfähigkeit des Menschen stark beeinträchtigen können. In den letzten Jahren hat sich daher die Forschung verstärkt diesem Thema gewidmet, und die Ergebnisse dieser Studien bestätigen diesen Verdacht.

Allerdings ist es kompliziert bzw. nahezu unmöglich, die tatsächlichen Auswirkungen und vor allem die Tragweite zu bestimmen. Dies ist nämlich von verschiedenen Faktoren abhängig, wie etwa um welche Art des Giftstoffs es sich handelt, die Konzentration, die Dauer der Exposition, das Zusammenspiel mit anderen Substanzen und vieles mehr.

Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, ein Bewusstsein für dieses Thema zu schaffen und dieses zu schärfen. Weil Studien nahelegen, dass ein großer Teil von Sterilitätsfällen, deren Ursache unbekannt ist, auf den Kontakt von Schadstoffen zurückzuführen ist, klären wir in diesem Artikel über die bekanntesten endokrinen Disruptoren auf, die sich auf die Fruchtbarkeit auswirken können.

Endokrine Disruptoren und ihre möglichen Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit


Als endokrine Disruptoren werden chemische Substanzen bezeichnet, die bereits in kleinen Mengen das hormonelle Gleichgewicht stören können, wenn sie in unseren Körper gelangen. Dies geschieht entweder durch Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsaufnahme, Hautkontakt oder über das Einatmen.

Hauptsächlich kommen endokrine Disruptoren in synthetisch hergestellten Materialien vor. Die Auswirkungen dieser Giftstoffe auf den Organismus und vor allem auf unser Hormonsystem können vielfältig sein und neben hormonbedingten (Krebs-)Erkrankungen und Schilddrüsenstörungen auch zu einer verminderten Fruchtbarkeit führen, indem sie die Produktion von Spermien bzw. den Menstruationszyklus beeinträchtigen. Für Schwangere und Kinder sind diese Stoffe übrigens besonders bedenklich, da sie sich negativ auf die Entwicklung des Ungeborenen oder das kindliche Hormonsystem auswirken.

Endokrine Disruptoren und wo sie zu finden sind

Schadstoffe

Enthalten in

Weichmacher (Phthalate, insbesondere DEP, DEHP, DBP, DMP)

Lebensmittelverpackungen, Kosmetika, Körperpflegeprodukte, PVC (Dichtungsringe)

Bisphenol A (BPA)

Lebensmittelverpackungen, Getränke- und Konservendosen, Trinkflaschen

Mineralöle wie MOSH (gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe) und BTEX-Kohlenwasserstoffe

Lebensmittelverpackungen aus Recyclingpapier, Kosmetika, Arzneimittel

Pestizide und Herbizide

In behandelten Lebensmitteln, v.a. von außerhalb der EU

PFAS, die sogenannten „Ewigkeitschemikalien“

Alltagsprodukte, die wasser-, schmutz-, öl- und fettabweisend sind, wie z.B. beschichtete Bratpfannen, Verpackungen, Muffinförmchen, Backpapier, Coffee-to-go-Becher, Tetra-Pack


Wir kommen hauptsächlich über unsere Nahrung mit endokrinen Disruptoren in Berührung, vor allem aufgrund von Lebensmittelverpackungen, die viele dieser schädlichen Stoffe enthalten und sie an den Inhalt abgeben. Doch die Gefahr lauert nicht nur in Plastikverpackungen, sondern auch in Verpackungen aus Altpapier. Diese bestehen oft aus recyceltem Papier, was zwar umweltfreundlich ist, aber nicht unbedingt gesundheitsfördernd. Darunter könnten sich Zeitungsdrucke befinden, die mit Farben auf Mineralölbasis bedruckt wurden. Einige Hersteller haben bereits auf Verpackungen aus Frischfasern umgestellt und verzichten auf Weichmacher in Dichtungsringen, doch längst nicht alle.

Auch Hygieneprodukte und Kosmetikartikel können einige dieser Giftstoffe enthalten. Nicht nur die Verpackungen, sondern auch der Inhalt selbst kann belastet sein. Während Weichmacher in Baby- und Kinderartikeln bereits verboten wurden, ist ihre Verwendung in der Kosmetik (noch) erlaubt.

Des Weiteren können sowohl industriell gefertigte Lebensmittel als auch Kosmetika bereits während der Produktion mit endokrinen Disruptoren in Kontakt kommen. Maschinen benötigen Schmieröle, und Schläuche enthalten oft Weichmacher.

Tipps zur Vermeidung der Schadstoffe


Du merkst: Diese Schadstoffe komplett zu vermeiden, ist nahezu unmöglich. Daher ist es umso wichtiger, ihnen dort auszuweichen, wo man kann. Die folgenden Tipps sollen dir dabei helfen.

  • Lebensmittelverpackungen vermeiden: Ob und welche Verpackungen Schadstoffe enthalten, kann nur im Labor untersucht werden. Kaufe daher Lebensmittel, die nicht in Plastik oder Altpapier verpackt bzw. in Dosen gelagert sind. Dieser Tipp ist nicht immer leicht zu befolgen - es gibt aber Supermärkte und Bioläden, die Gemüse und Obst unverpackt anbieten. Ideal sind Bauernmärkte, denn das hier verfügbare Obst und Gemüse ist zudem regional und saisonal. Einmalige Coffee-to-Go-Becher können einfach durch Thermobecher ersetzt werden und was die Verpackungen von Fast Food angeht, so sollte dieses Essen für die eigene Gesundheit und die Fruchtbarkeit generell vermieden werden. Indem du diese Lebensmittelverpackungen vermeidest, tust du übrigens nicht nur dir, sondern auch der Umwelt etwas Gutes.
     
  • Regionale Bio-Lebensmittel bevorzugen: Achte beim Kauf von Obst und Gemüse darauf, dass sie im besten Fall regional und biologisch angebaut wurden. Wichtig ist auch, dass die Lebensmittel aus der EU stammen. Die EU hat nämlich strengere Gesetze, was die Verwendung von Pestiziden angeht, und arbeitet auch regelmäßig an Verbesserungen. Präferiere aber stets biologisch angebaute Lebensmittel, wenn möglich.
     
  • Lebensmittel in Glasbehältern kaufen: Giftstoffe sind hauptsächlich in Verpackungen aus Altpapier, Plastik und Dosen enthalten und gehen von dort auf die Lebensmittel über. Daher sollten neben unverpackten Lebensmitteln vor allem jene, die in Glas aufbewahrt sind, bevorzugt werden. Hier musst du allerdings auf Dichtungsringe achten, da diese oft Phthalate enthalten.
     
  • Einmalverpackungen nicht wiederverwenden: Wir versuchen zwar stets, für die Umwelt Müll zu vermeiden, doch für unsere Gesundheit sollten wir Einmalverpackungen wie Eisbecher, Jogurt, Einwegflaschen etc. wirklich nur einmalig benutzen, zumindest wenn es um die Aufbewahrung von Lebensmitteln geht.
     
  • Lebensmittel nur in geeigneten Behältern erhitzen: Durch Hitze gehen die Gift- und Schadstoffe leichter auf die Lebensmittel über. Daher sollten diese keinesfalls in den Eigenverpackungen in der Mikrowelle oder anderweitig erhitzt werden.
     
  • Gusseisenpfanne verwenden: Wenn der Hersteller einer beschichteten Pfanne angibt, dass diese nicht zerkratzt oder über 200 Grad erhitzt werden darf, sind dies Hinweise darauf, dass PFAS enthalten sind. Achtung: Auch wenn PFOA/PFOS-frei oder ähnliches angegeben wird, bezieht sich das lediglich auf ohnehin verbotene Stoffe. Durch die Nutzung einer Gusseisen- oder Nirostapfanne können PFAS vermieden werden.
     
  • Naturkosmetik, Naturseifen und natürliche Reinigungsmittel verwenden: Zertifizierte Naturkosmetik, Bio-Seifen und natürliche Reinigungsmittel, die statt Mineralöl auf Pflanzenöl basieren und keine Weichmacher enthalten, sind für die Gesundheit, die Fruchtbarkeit und auch die Umwelt um einiges besser.

Fazit


Eine vollständige Vermeidung von endokrinen Disruptoren und anderen Schadstoffen ist leider erst möglich, wenn diese Stoffe gesetzlich verboten werden. Selbst dann bleibt es eine Herausforderung, insbesondere bei persistenten PFAS, die sich kaum natürlich abbauen lassen und daher auch als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt sind.

Dennoch kannst du einiges tun, um deine Exposition gegenüber diesen Stoffen so gering wie möglich zu halten. Eine bewusste Lebensweise kann dazu beitragen, dein hormonelles Gleichgewicht zu erhalten und deine Fruchtbarkeit zu verbessern. Dazu gehört eine achtsame Auswahl von Lebensmitteln, Alltagsgegenständen und Kosmetikartikeln. Ein gesunder Lebensstil mit ausreichender Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung unterstützt ebenfalls dein hormonelles Gleichgewicht und steigert somit deine Fruchtbarkeit.

Quellen & weiterführende Artikel


Brehm, E. & Flaws, J.A. (2019): Transgenerational Effects of Endocrine-Disrupting Chemicals on Male and Female Reproduction. Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30998239/

Cohen, N.J. et al. (2023): Exposure to perfluoroalkyl substances and women's fertility outcomes in a Singaporean population-based preconception cohort. Link: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0048969723008835

Tölle, K. (2024): Schadstoffe in Verpackungen: 3 Stoffe, die ins Essen übergehen. Link: https://www.oekotest.de/gesundheit-medikamente/Schadstoffe-in-Verpackungen-3-Stoffe-die-ins-Essen-uebergehen_13920_1.html

Vizcaíno, M.A.C. et al. (2016): Outdoor air pollution and human infertility: a systematic review. Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27513553/

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