Der Einfluss der Schilddrüse auf Schwangerschaft und Kinderwunsch

Die Schilddrüse, ein nicht zu unterschätzendes Organ bei unerfülltem Kinderwunsch: Bei eingeschränkter Funktion kann das schmetterlingsförmige Organ sowohl für das Ausbleiben einer Schwangerschaft verantwortlich sein als auch gefährliche Risiken wie Fehlgeburten oder Entwicklungsstörungen beim Kind zur Folge haben. Erfahre in diesem Artikel mehr über den Einfluss der Schilddrüse auf die Schwangerschaft, sowie die schwerwiegenden Folgen, die eine unbehandelte Schilddrüsen-Erkrankung für Mutter und Kind darstellen kann.

Kleines Organ mit großer Wirkung: Die Schilddrüse

Die Schilddrüse ist eine der wichtigsten Schaltstellen des menschlichen Körpers. Sie produziert die lebensnotwendigen Hormone Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin bzw. Thyroxin (T4). Diese Hormone steuern den Stoffwechsel, regulieren den Sauerstoffverbrauch der Zellen und sorgen für eine gesunde Funktion von Herz, Kreislauf und Verdauung. Außerdem sind T3 und T4 verantwortlich für Wachstum und Entwicklung – vor allem für den Fötus im Mutterleib. 

Eine gesunde Schilddrüse gibt entsprechend dem individuellen Bedarf eine ausreichende Menge an T3 und T4 ins Blut ab. Organische Krankheiten, immunologische Einflüsse  oder ein gestörter Jodhaushalt können dazu führen, dass die Produktion der Schilddrüsenhormone eingeschränkt wird. Wird zu wenig T3 oder T4 produziert, spricht man von einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Die allgemeinen Symptome einer Unterfunktion sind geringere Stoffwechselfunktionen (der Körper läuft sozusagen auf „Sparflamme“), eine damit einhergehende Gewichtszunahme sowie ein ständiger Zustand der Müdigkeit und Erschöpfung. 

Bei gesteigerter Produktion der Schilddrüsenhormone ist hingegen die Rede von einer Überfunktion (Hyperthyreose). Typische Symptome dafür sind unter anderem verstärkte Schweißbildung, ein beschleunigter Herzschlag, Herzrhythmusstörungen, schnelle Ermüdung, Zittern und ein ständiges Hungergefühl.  

Diagnose und Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen

Im Zusammenhang mit der Schilddrüse wird oftmals von einer Volkskrankheit gesprochen, da Schilddrüsenprobleme sehr häufig vorkommen. In Österreich und Deutschland ist beinahe jeder dritte Erwachsene davon betroffen. Frauen leiden viermal häufiger an Schilddrüsenerkrankungen als Männer.  

Diagnostiziert werden Schilddrüsenerkrankungen in der Regel über Hormonbestimmungen im Blut und einer anschließenden Sonografie. Ersteres gibt Aufschluss über die Schilddrüsenwerte TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon), FT3 und FT4 oder über Antikörper (im Falle der Autoimmunkrankheit Hashimoto). Mit einem Ultraschall werden Größe und Zustand der Schilddrüse überprüft und mögliche Vergrößerungen, Narben (Hashimoto) oder Knoten entdeckt. 

Bis die Diagnose einer Unter- oder Überfunktion vorliegt, kann es oft lange dauern. Betroffene leiden unter unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung und Stoffwechselstörungen, was sehr oft auf die aktuelle Lebensphase, den Arbeitsstress, Lebensstil oder Jahreszeitenwechsel geschoben wird, wodurch ein Gang zum Arzt hinausgezögert wird. Sind innerhalb der Familie schon Schilddrüsenerkrankungen bekannt, sollte regelmäßig eine ärztliche Kontrolle stattfinden. Eine rechtzeitige Erkennung von Schilddrüsenerkrankungen erspart Betroffenen viel Zeit und Leiden. 

Behandelt werden Schilddrüsenerkrankungen einfach und effektiv durch die Einnahme von Hormontabletten. Die Schwierigkeit besteht darin, die richtige Dosis zu finden, weshalb besonders bei Kinderwunsch und Schwangerschaft eine engmaschige, fachkompetente Betreuung vonnöten ist. Denn häufig tritt eine Schilddrüsenerkrankung – oder eine Veränderung derselben – während einer Phase der hormonellen Umstellung auf, wie zum Beispiel der Pubertät, Menopause, Schwangerschaft oder nach der Geburt. In diesen Phasen kann eine Dosisanpassung vonnöten sein. Übrigens: Eine gesunde Lebensweise erhöht nicht nur die Chance auf eine Schwangerschaft, sondern unterstützt Betroffene einer Schilddrüsenerkrankung enorm. 

Die Schilddrüse und unerfüllter Kinderwunsch


Eine Schilddrüsenunterfunktion, oft ausgelöst durch die Autoimmunerkrankung Hashimoto, ist eine häufige Ursache für unerfüllten Kinderwunsch. Bei Morbus Hashimoto greift das Immunsystem die Schilddrüse an, weil es das Organ fälschlicherweise als Fremdkörper wahrnimmt. Durch die ständigen Angriffe kann die Schilddrüse nicht genügend Hormone produzieren und es kommt zu einer Unterfunktion.  

Eine Schilddrüsenunterfunktion bedingt oftmals Hormon- und Zyklusstörungen, die einen Schwangerschaftseintritt verhindern können. Ist der Zyklus der Frau nämlich aus dem Gleichgewicht gebracht, kann das Wunschkind auf sich warten lassen. 

Eine Überfunktion bringt ebenso den Hormonhaushalt der Frau durcheinander und kann dadurch die Ursache für unerfüllten Kinderwunsch sein. Auch beim Partner sollte an die Schilddrüse gedacht werden. Bei einem Mann können Schilddrüsenerkrankungen Erektionsstörungen und verminderte Spermienqualität verursachen.  

Eine Schilddrüsenuntersuchung ist daher unerlässlich für die Diagnose bei unerfülltem Kinderwunsch. Allerdings garantiert eine Schilddrüsenerkrankung nicht das Ausbleiben der Schwangerschaft – Frauen können trotzdem schwanger werden. Leidet die Schwangere aber unter einer unerkannten und damit unbehandelten Schilddrüsenerkrankung, kann dies schwere Folgen für sie und vor allem für das Kind haben. 

Schilddrüsenerkrankung und Schwangerschaft


Werdende Mütter haben einen grundsätzlich erhöhten Bedarf an Schilddrüsenhormonen. Das liegt zum einen daran, dass T3 und T4 in Wechselwirkung mit den Schwangerschaftshormonen stehen. Zum anderen muss die Mutter im ersten Drittel der Schwangerschaft auch das Kind mit Schilddrüsenhormonen versorgen. Erst ab der 12. Schwangerschaftswoche ist die fetale Schilddrüse in der Lage, eigenständig Hormone zu produzieren. 

Das bedeutet, dass zu Beginn der Schwangerschaft mehrere Kontrollen für eine Dosisanpassung vonnöten sind, damit Mutter und Kind ausreichend versorgt werden. Liegt eine unerkannte Schilddrüsenerkrankung vor, besteht ein großes Risiko, dass der Fötus unter- oder überversorgt wird. Welche Gefahren das mit sich bringen kann, erfährst du im Folgenden.   

Auswirkungen von Schilddrüsenunterfunktion in der Schwangerschaft

Bei einer unerkannten und unbehandelten Unterfunktion kommt es häufiger zu Fehl-, Tod- und Frühgeburten. Da T3 und T4 maßgeblich an der Steuerung von Stoffwechselvorgängen und am Wachstum beteiligt sind, können geistige und körperliche Entwicklungsstörungen des Kindes die Folge sein. Zudem kann eine Unterfunktion eine Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), ein vermindertes Geburtsgewicht sowie Geburtskomplikationen begünstigen.

Schilddrüsenüberfunktion in der Schwangerschaft

Eine unbehandelte Überfunktion während der Schwangerschaft birgt ebenso ein hohes Risiko für Früh- und Fehlgeburten, Präeklampsie sowie für eine Plazenta-Ablösung. Oft führt die Hyperthyreose bei der Schwangeren zu einer Herzinsuffizienz. Zudem kann es zur Wachstumsverzögerung des Fötus sowie zu Schilddrüsen-Funktionsstörungen bei Neugeborenen kommen. 

Schilddrüse, Schwangerschaft & Kinderwunsch: Fazit


Eine Schilddrüsenerkrankung ist eine häufige Ursache für unerfüllten Kinderwunsch, weswegen eine Kontrolle der Schilddrüsenwerte einer der ersten Untersuchungen für unsere Patientenpaare darstellt. Steht nämlich die Diagnose einer Schilddrüsenerkrankung fest, kann eine medikamentöse Behandlung einfach und effektiv helfen.  

Tritt trotz der Behandlung der Schilddrüsenerkrankung keine Schwangerschaft ein, liegt die Ursache womöglich woanders. Aus diesem Grund führen wir bei unseren Kinderwunschpaaren stets umfassende Untersuchungen durch, um nichts zu übersehen. 

Trotzdem schließt weder eine Über- noch eine Unterfunktion eine Schwangerschaft aus. Eine Frau kann trotz Schilddrüsenerkrankung schwanger werden. Bleibt diese aber unerkannt und unbehandelt, kann das schwere gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind haben. Daher steht in unserer Checkliste zum Schwanger werden die Kontrolle der Schilddrüsenwerte auch mit an erster Stelle.  


Ist eine Schilddrüsenerkrankung der werdenden Mutter bekannt, ist eine engmaschige ärztliche Betreuung während der Schwangerschaft vonnöten. Auf diese Weise kann schnellstmöglich eine eventuell notwendige Dosisanpassung durchgeführt werden.  

Da eine Schilddrüsenerkrankung während einer Schwangerschaft auftreten kann, werden im Rahmen der Schwangerschaftsuntersuchungen die Schilddrüsenwerte regelmäßig kontrolliert. Sofern du also die Untersuchungstermine wahrnimmst, musst du dir diesbezüglich keine Sorgen machen. 

FAQs zu Hashimoto & Kinderwunsch


Kann ich mit Hashimoto schwanger werden? 
Durch eine regelmäßige Kontrolle beim Arzt und der richtigen Dosiseinstellung steht einer Schwangerschaft mit Hashimoto in der Regel nichts im Weg.  

Wird in der Schwangerschaft die Schilddrüse untersucht? 
Während der Schwangerschaftsuntersuchungen werden die Schilddrüsenwerte der werdenden Mutter regelmäßig geprüft. Bei Frauen mit einer diagnostizierten Schilddrüsenerkrankung finden häufigere Kontrollen statt. 

Schaden Schilddrüsenmedikamente meinem ungeborenen Kind? 
Die Einnahme von Schilddrüsenhormonen ist bei Schwangeren mit Schilddrüsenerkrankung essenziell für die eigene Gesundheit und die des Kindes. Wichtig: Unter ärztlicher Kontrolle muss die richtige Dosis gefunden und im Laufe der Schwangerschaft ggf. angepasst werden. 

Ich leide unter eine Unter- oder Überfunktion. Soll ich Jod einnehmen, um meine Schilddrüse während der Schwangerschaft zu unterstützen? 
Jod ist zwar unerlässlich für die Bildung von T3 und T4, allerdings kann übermäßige Jodzufuhr einige Schilddrüsenerkrankungen verstärken. Deshalb unbedingt vorher mit deinem Arzt sprechen! Mehr Informationen zu der Einnahme von Nährstoffen während der Schwangerschaft findest du in unserem Blogartikel Schwangerschaftsvitamine

Weiterführende Artikel & Quellen


Poppe et al. (2021): 2021 European Thyroid Association Guideline on Thyroid Disorders prior to and during Assisted Reproduction. 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33718252/ 
 

Quintino-Moro et al. (2014): High Prevalence of Infertility among Women with Graves' Disease and Hashimoto's Thyroiditis. 

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24678319/  

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