Unerfüllter Kinderwunsch: Hormonstörung als Ursache?

Eine Hormonstörung bei der Frau wird häufig als Ursache für unerfüllten Kinderwunsch genannt. Aber was genau ist das eigentlich und welche Symptome kann eine Hormonstörung hervorrufen? Wir klären hier die wichtigsten Fragen.

Dieses Thema liegt uns sehr am Herzen. Das liegt daran, dass Umweltfaktoren wie Mikroplastik, Östrogene im Grundwasser, unsachgemäße Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder falsche Verordnungen durch wenig geschultes medizinisches Personal leider einen immer größer werdenden negativen Einfluss auf unseren Körper nehmen. Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass Hormone nicht leichtfertig eingenommen werden sollten, da ihre Regulation und Wirkungsweise äußerst komplex sind. Selbst sehr erfahrene Endokrinologen gehen äußerst behutsam mit der Verabreichung solcher Hormone um, und wir möchten betonen, wie wichtig es ist, dies zu beachten.

Hormonstörung: Was sind Hormone und wofür sind sie nötig?

Hormone sind biochemische Signal- oder Botenstoffe, die von unterschiedlichen Zellen und Drüsen produziert werden. Nach deren Freisetzung gelangen sie in den Blutkreislauf und werden zu verschiedenen Organen und Geweben transportiert. Diese biochemischen Botschaften spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung wichtiger physiologischer Prozesse im menschlichen Körper. Die feine Balance der Hormone ist von essenzieller Bedeutung für: 

  • Stoffwechsel: Hormone beeinflussen den Stoffwechsel und regulieren den Energieverbrauch sowie die Bildung und schlussendlich auch den Abbau von Substanzen im Körper. 

  • Energiehaushalt: Sie kontrollieren die Aufnahme, Speicherung und Freisetzung von Energie in Form von Nährstoffen. 

  • Wachstum: Hormone sind maßgeblich an Wachstumsprozessen, insbesondere während der Kindheit und Adoleszenz, beteiligt. 

  • Entwicklung: Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung und Differenzierung von Organen und Geweben. 

  • Fortpflanzung: Hormone sind unerlässlich für die Steuerung des Menstruationszyklus, die Reifung von Eizellen und Spermien sowie die Schwangerschaft. 

  • Gefahrenreaktion: In Stresssituationen sind Hormone an der Auslösung von Reaktionen beteiligt, die den Körper auf potenzielle Gefahren vorbereiten, wie zum Beispiel die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin.

Ein funktionierender Hormonhaushalt ist demnach lebenswichtig und beeinflusst somit unser physisches und psychisches Wohlbefinden.  

Der Auf- und Abbau von Hormonen wird als Hormonstoffwechsel bezeichnet und unterliegt einer akribischen Regulierung. Man unterscheidet hierbei mehrere Regelkreise, die dafür sorgen, dass zu keinem Zeitpunkt zu viele oder zu wenige Hormone im Körper vorkommen. Kleinste Unstimmigkeiten können diese Regelkreise allerdings beeinträchtigen, wodurch ein Mangel oder ein Überschuss eines oder mehrerer Hormone auftreten kann und in weiterer Folge die Funktion bestimmter Körpervorgänge beeinträchtigen. In diesem Fall sprechen wir von einer Hormonstörung. 

Auch der für eine Schwangerschaft essenzielle Zyklus der Frau wird über Hormone gesteuert. Wenn dieser Regelkreis oder ein damit verbundener Mechanismus gestört wird, kann dies erhebliche Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit haben und dazu führen, dass der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. 

Welche Hormonstörungen gibt es und welche beeinträchtigen die Fruchtbarkeit der Frau?

Zu den wohl bekanntesten Hormonstörungen zählen Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen. Beim ersten liegt ein Defizit des Hormons Insulin vor. Bei Schilddrüsenerkrankungen werden entweder zu wenige (Unterfunktion) oder zu viele (Überfunktion) der Hormone T3 und T4 produziert. 

Folgende Hormonstörungen sorgen in den meisten Fällen für Fruchtbarkeitsprobleme bei der Frau: 

Diese Hormonstörungen können unter anderem dafür sorgen, dass selten oder kein Eisprung stattfindet, oder sie verhindern die Einnistung oder auch das ungestörte Wachstum des Kindes. 

Die Ursachen für Hormonstörungen sind vielfältig und leider noch nicht vollständig geklärt. Auch eine genetische Veranlagung kann eine bedeutende Rolle spielen. Stress, ein ungesunder Lebensstil sowie Umweltschadstoffe stehen im Verdacht, Hormonstörungen hervorzurufen. 

Welche Symptome treten bei Hormonstörungen einer Frau auf?

Folgende vielfältige, aber zum Teil auch unspezifische Symptome können auf eine Hormonstörung hinweisen:

  • Gewichtsschwankungen  

  • Müdigkeit bzw. Schlappheitsgefühl 

  • Allgemeines Unwohlsein 

  • Schweißausbrüche bzw. Hitzewallungen 

  • Migräneattacken in Verbindung mit dem Menstruationszyklus

  • Konzentrationsschwierigkeiten

  • Schlafstörungen

  • Stimmungsschwankungen und depressive Verstimmungen

  • Zyklusstörungen und Schmier- und Zwischenblutungen

  • Milchausfluss ohne Schwangerschaft (weist auf hohen Prolaktinwert hin)

  • Starker Haarwuchs oder Haarausfall

  • Akne, Hautunreinheiten oder andere Hautprobleme

  • Libido-Veränderungen, sowohl Anstieg als auch Abfall sexueller Lust

  • Unerklärliche Muskel- und Gelenkschmerzen

  • Verdauungsprobleme und – störungen wie Blähungen oder Verstopfung

  • Veränderungen in der Bruststruktur oder -empfindlichkeit

  • Erhöhte Infektanfälligkeit aufgrund eines geschwächten Immunsystems

  • Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen

Liegt eines oder mehrere dieser Symptome für einen längeren Zeitraum vor, empfiehlt sich eine medizinische Abklärung – unabhängig davon, ob das Wunschkind auf sich warten lässt.

Wie werden Hormonstörungen diagnostiziert?

Spätestens bei unerfülltem Kinderwunsch wird die Frau auf eine mögliche Hormonstörung untersucht. Dabei kommen Untersuchungsmethoden wie eine Erhebung der Krankheitsgeschichte, Blutanalysen (wiederholt auch während unterschiedlicher Zyklusphasen), Zyklusmonitoring, körperliche Untersuchungen sowie eine Hormonanalyse zum Einsatz. Auf Hormonstörungen, die die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, sind Fachärzte für Gynäkologie mit spezieller Ausbildung auf dem Gebiet der Reproduktionsmedizin und gynäkologischen Endokrinologie spezialisiert.

Bei Frauen, die unter einer Hormonstörung leiden, aber keinen Kinderwunsch haben, kann es vorkommen, dass vorhandene Symptome auf Stress oder schwierige Lebensumstände geschoben werden und somit für lange Zeit keine Diagnose gestellt wird.

Gängige Hormonstörungen wie zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen werden hingegen oftmals mittels eines großen Blutbilds beim Hausarzt entdeckt und anschließend entsprechend behandelt.

Behandlungsmöglichkeiten bei Hormonstörungen für den Kinderwunsch

Zunächst die Entwarnung – eine Hormonstörung bedeutet nicht automatisch, dass der Kinderwunsch unerfüllt bleibt. Entscheidend ist die Ursachenfindung, also die Diagnose. Nachfolgend kann die Hormonstörung behandelt werden, was dazu führt, dass Betroffene sich oft deutlich wohler fühlen und in den meisten Fällen auch die Möglichkeit haben, ihr Wunschkind zu bekommen. Bei Hormonmangel kommt in der Regel eine Substitutionstherapie zum Einsatz, also eine medikamentöse Zugabe des fehlenden Hormons. Eine übermäßige Produktion bestimmter Hormone kann ebenfalls mithilfe von Medikamenten reguliert und unterdrückt werden. 

Um den Kinderwunsch trotz Hormonstörung zu erfüllen, wird je nach Diagnose eine der folgenden Therapiemöglichkeiten angewendet: 


Schlusswort zu Hormonstörung als mögliche Ursache für unerfüllten Kinderwunsch

Wir empfehlen unseren Kinderwunschpaaren generell einen gesunden Lebensstil, insbesondere jedoch bei Vorliegen einer Hormonstörung. Eine gesunde Lebensweise kann die medikamentöse Therapie wesentlich unterstützen und den Eintritt einer Schwangerschaft begünstigen. Stressvermeidung, Bewegung an der frischen Luft und eine ausgewogene Ernährung können zudem dem Auftreten einer Hormonstörung entgegenwirken. Deshalb sind sie besonders Personen zu empfehlen, bei denen bereits solche Störungen in der Familiengeschichte aufgetreten sind.

Darüber hinaus sollte sich kein Kinderwunschpaar durch die Diagnose einer Hormonstörung entmutigen lassen: Es stehen zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, um den Traum vom Wunschkind zu verwirklichen.

Die wichtigste Empfehlung ist jedoch, dass bei Auffälligkeiten keinesfalls eigenmächtig zu Medikamenten, oder Nahrungsergänzungsmitteln gegriffen wird, und dass Betroffene äußerst kritisch bei der Auswahl ärztlicher Berater vorgehen sollten. Selbstrecherche kann hilfreich sein, darf jedoch niemals eine gründliche Untersuchung und Therapie durch einen fachkundigen Spezialisten ersetzen.

Weiterführende Artikel & Quellen


Bendarska-Czerwińska et al. (2023): Endocrine disorders and fertility and pregnancy: An update. 
Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36733805/  

Saei Ghare Naz et al. (2020): The Menstrual Disturbances in Endocrine Disorders: A Narrative Review.
Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33613678/

Karwacka et al. (2019): Exposure to modern, widespread environmental endocrine disrupting chemicals and their effect on the reproductive potential of women: an overview of current epidemiological evidence. 
Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28758506/ 

Interdonato et al. (2023): Endocrine Disruptor Compounds in Environment: Focus on Women’s Reproductive Health and Endometriosis.
Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36982755/

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